Beispiel aus der Praxis: EEG/ERP-basierte Medikationsentscheidung bei ADHS

Der vorgängig mittels HBImed Reportgenerator und Copilot entwickelte EEG-Bericht dient als Grundlage. Dieser enthält eine sorfältige Anamnese, umfangreiche Fragebogen, eine neuropsychologische Untersuchung und halbautomatisch analysierte EEG/ERP Daten. Der Bericht wird automatisiert systematisch analysiert gemäss den Dokumenten zur EEG/ERP-basierten Medikationsentscheidung. Hinter den Entscheidungsalgorithmen stehen umfangreiche Daten aus Pubmed und von erfahrenen Fachärzten. Der Medikationsproposer dienst als Empfehlung. Die Verantwortung bleibt selbstverständlich beim Arzt.

Beispiel: Patientendaten

Persönliche Daten

Alter: 15 Jahre (geboren 03.04.2010)

Geschlecht: weiblich

Diagnosen

Hauptdiagnose: ADHS mit gemischter Symptomatik aus Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität-Impulsivität

Komorbiditäten: Neurodermitis, emotionale Sensitivität

Besondere Umstände

Zwillingsschwangerschaft, Zwillingsschwester mit ADHS-Diagnose, mehrsprachiger Haushalt

Aktuelle Medikation: Keine

EEG-Parameter: Arousal und Vigilanz

Arousal-Klassifikation (PRIORITÄT 1)

Arousal-Index: Vorwiegend in optimaler Zone (O1: 39.6%/4, O2: 33.4%/4 bei EO)

Klassifikation: Normales Arousal → Symptom-orientierte Behandlung

Vigilanz-Parameter (PRIORITÄT 2)

Vigilanz-Slope: Verminderte Steigung in allen Testbedingungen (Stanine 1)

Instabilitätsindex: Erhöhte Variabilität (Stanine 7-8) in Go-Bedingungen

Bedeutung: Deutliche Abnahme der Wachsamkeit über Testzeit → Aktivierende Protokolle erforderlich

Sensorische Integration (PRIORITÄT 3)

Somatosensorischer Index: Normbereich (linke Hemis.: 15.3%/3, rechte Hemis.: 32.1%/4 bei EO)

Medikamentöse Konsequenz: Normaler Index → Standard-ADHS-Behandlung

Spektrale Abnormalitäten

Theta/Beta-Ratio: Erhöht frontal (Fz: Stanine 7) und besonders parietal (Pz: Stanine 9 bei EC, Stanine 8 bei VCPT)

Alpha-Anomalien: Erhöhte niedrige Alpha-Aktivität O1 (7.81 Hz, Z=2.81) und C3 (9.52 Hz, Z=3.22)

Frontale Midline Theta: Nicht spezifisch erwähnt, aber parietale Theta-Erhöhung (Pz: 7.81 Hz, Z=2.95)

Evozierte Potenziale

Evozierte Potenziale sind ENTSCHEIDEND für die Medikationswahl:

Evozierte Potenziale

Frühe sensorische Komponenten

P1N1 visuell: Frühe Latenz (schnelle Erfassung), aber späte Reaktivierung (Kontrollunsicherheit)

Bewertung: Normale bis schnelle visuelle Verarbeitung

Aufmerksamkeits- und Exekutivpotenziale

P300: Verminderte P3-Amplitude im zentralen Kortex (C4) bei NoGo-Bedingung

P300-Befund: Deutet auf Schwierigkeiten bei Hemmung automatischer Reaktionen hin

Inhibitions- und Konfliktmonitoring

Konfliktmonitoring (P4): Hohe frühe, aber flache Hauptpotenziale (Indifferenz/Ratlosigkeit)

CNV (Bereitschaftspotenzial): Flache Amplituden (geringe Aktivierungs-/Vorbereitungsprozesse)

ADHS-Subtypisierung basierend auf EEG

Funktionale Netzwerkanalyse

Netzwerk 1: präfrontaler Kortex

65% – dysfunktionale Aufmerksamkeits-/Exekutivnetzwerke

Netzwerk 2: cinguläres System

56% – Anpassungsfähigkeit/Flexibilität

EEG-Charakteristika sprechen für gemischten Typ mit Schwerpunkt Unaufmerksamkeit:

  • Erhöhte Theta/Beta-Ratio (frontal und parietal)
  • Normales Arousal aber Vigilanzprobleme
  • Verminderte Inhibitionsleistung in evozierten Potenzialen

Medikationsempfehlung basierend auf EEG-Profil

Primäre Medikationsempfehlung

Methylphenidat als Erstlinientherapie:

  • Begründung:
  • Erhöhte Theta/Beta-Ratio (charakteristisch für Methylphenidat-Response)
  • Normaler somatosensorischer Index
  • Algorithmische Responder-Wahrscheinlichkeit: 85%
  • Schweizer Leitlinien: Methylphenidat zwingend Erstlinie bei ADHS

Dosierung und Alternativen

Dosierung:

  • Start: 5-10mg/Tag
  • Langsame Steigerung unter EEG-Kontrolle
  • Ziel: Reduktion der Theta/Beta-Ratio

Ergänzende Überlegungen:

Bei unzureichender Response oder Nebenwirkungen:

  • Amphetaminpräparate zur Aktivierung des zentralsensorischen Kortexes

Nicht-pharmakologische Massnahmen

Nahrungsergänzung

  • Omega-3-Fettsäuren (1000-2000mg/Tag EPA)
  • Magnesium (200-400mg/Tag)

Körperliche Aktivität

  • Strukturierte körperliche Aktivität
  • Regelmässige Bewegungspausen

Lichttherapie

Bei Vigilanzproblemen besonders empfohlen

Verhaltensinterventionen

  • Selbstmonitoring-Techniken für Aufmerksamkeitssteuerung
  • Strukturierte Lernumgebung mit visuellen Hilfsmitteln
  • Regelmässige Pausen bei längeren Arbeitsperioden

Monitoring-Protokoll

Baseline

Vor Medikationsbeginn (bereits vorhanden)

Verlauf

Alle 6 Monate bei Langzeittherapie

Klinische Parameter:

  • Gewicht/Grösse: Monatlich bei Stimulanzien
  • Herz-Kreislauf-Parameter
  • Leber – und Nierenwerte kontrollieren
  • Schulische Leistung und Aufmerksamkeit

Sicherheitsaspekte und Zusammenfassung

Sicherheitsaspekte (Altersgruppe 15 Jahre)

Relative Kontraindikationen beachten:

  • Vorsicht mit SSRI/SNRI (Suizidrisiko bei <18 Jahren)
  • Monitoring auf emotionale Veränderungen

Zusammenfassung

EEG-basierte Klassifikation: ADHS vom gemischten Typ mit Schwerpunkt Unaufmerksamkeit, normale Arousal-Regulation aber deutliche Vigilanzprobleme.

Primäre Empfehlung: Methylphenidat-Therapie (5-10mg/Tag initial) basierend auf charakteristischem Theta/Beta-Ratio-Muster und hoher algorithmischer Responder-Wahrscheinlichkeit.

Kombinationstherapie: Nicht-pharmakologische Basismassnahmen (Omega-3, Magnesium, Struktur) parallel zur medikamentösen Behandlung.

Prognose: Gute Response-Wahrscheinlichkeit bei adäquater Dosierung und Monitoring. Vigilanzprobleme sprechen für Notwendigkeit aktivierender Behandlung.